Jesus stirbt – damit wir leben können

Andacht zu einem Bild aus der Schlosskirche

Es ist kein Zufall, dass das Bild der Kreuzigung Jesu zusammen mit dem Bild der Auferstehung exakt in der Mitte dieses Fensters – ja sogar in der Mitte des ganzen Bilder-Zyklus steht. Denn hier begegnet uns in der Tat das Zentrum des Evangeliums – die Mitte der christlichen Botschaft. Ohne das Kreuz wäre alles andere sinnlos. Ohne das Kreuz gäbe es für uns keinen Glauben, keine Hoffnung und keine Liebe.

Das Bild ist in dunklen Farben gehalten. Dunkelheit liegt über der Erde. Sogar die Sonne ist verfinstert - ein Zeichen für das Leid, das Menschen tragen müssen und für die Not, die uns zu schaffen macht. So ist die Welt, in die der Sohn Gottes gekommen ist: eine Welt, in der es so viel Gewalt, Hass und Egoismus gibt – und auch so viel Krankheit und Angst.

Und der Zustand dieser Welt zeigt sich auch daran,  dass Jesus auf diesem Bild ganz allein ist. Auf allen anderen Darstellungen des Jesus-Zyklus ist Jesus von Menschen umgeben. Hier aber ist er allein. Ganz allein. Kein Mensch ist in der Nähe. Keiner ist da, der ihn begleitet und ihm beisteht.  Kontaktsperre.

Viele Menschen erfahren in diesen Corona-Tagen ganz eindringlich, wie sehr wir das Zusammensein mit anderen brauchen und wie schmerzvoll das Alleinsein sein kann.  Wir begreifen, wie kostbar die Gemeinschaft ist, die wir sonst oft so selbstverständlich hinnehmen.

Und in diese Not der Verlassenheit hinein ruft Jesus:  „Mein Gott -  warum hast du mich verlassen?“  Aber dieser Ruf aus tiefster Verzweiflung ist zugleich ein Ruf voller Gottvertrauen.  Das hebräische Wort „lama“, das in der Bibel an dieser Stelle zu lesen ist, hat zwei Bedeutungen:  man kann es mit „Warum“ übersetzen –  aber auch mit dem deutschen Wort „Wozu“.  Auch am Kreuz – auch im Angesicht des Todes schaut Jesus nach vorne und fragt: „Mein Gott – wozu hast du mich verlassen?  Was soll daraus werden? Welches Ziel soll damit erreicht werden?“

Und die Antwort auf diese Frage nach dem Wozu gibt uns der Künstler in einer eindrucksvollen Weise: Die von unten nach oben wallenden Ströme zeigen an, was das Ziel der Kreuzigung ist. Nicht der Tod – nicht der Untergang – nicht das Ende.  Sondern Jesus stirbt, damit wir den Weg nach oben finden können. Er stirbt, damit wir leben können und den Weg zum himmlischen Vater finden. Der Weg zu Gott ist nun für uns frei.

Durch sein Sterben am Kreuz kommt Licht in diese dunkle Welt hinein. So haben wir eine Hoffnung, weil Jesus sich für uns hingibt und dieser Welt einen neuen Anfang ermöglicht. Er nimmt unsere Schuld auf sich, damit wir leben können – damit wir eine Zukunft und eine Hoffnung haben. Jesus geht ans Kreuz, damit die Gemeinschaft wieder wachsen kann – die Gemeinschaft mit Gott und auch die Gemeinschaft unter uns Menschen. Denn wir brauchen die Gemeinschaft – so nötig, wie die Luft zum Atmen.

Wir wünschen Ihnen einen besinnlichen Karfreitag.

Seien Sie behütet und bleiben Sie gesund!

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